Nicole – eine Erfolgsgeschichte aus der ELTERN-AG

18. Mai 2020 Team  DRA
Nicole – eine Erfolgsgeschichte aus der ELTERN-AG


Nicole ist 24, ihre drei Kinder Sarah, Tim und Michelle sind eins, drei und sechs Jahre alt. Die älteste, Michelle, geht schon in die Schule. Nicole erzieht ihre Kinder seit der letzten Schwangerschaft allein, der Vater hat sie verlassen.

Finanzielle Unterstützung erhält sie von ihm nicht. Da sie die Kinder so jung bekam, hat Nicole einen sehr schlechten Schulabschluss und aktuell auch keine Arbeitsstelle. Sie muss mit Arbeitslosengeld II auskommen und hat eine Menge Schulden, weil sie sich nach dem Ende der Beziehung eine neue Wohnung einrichten musste.

Nicole liebt ihre Kleinen über alles und möchte, dass sie es einmal besser haben. Sie ist immer für ihre Kinder da, gibt ihr Bestes und stellt ihre eigenen Bedürfnisse zurück. Niemals hat sie Zeit für sich. Sie ist oft sehr erschöpft, verzweifelt, einsam und isoliert. Sie weiß nicht, wen sie fragen soll, wenn sie wieder einmal nicht mehr weiter weiß, einen Rat oder Hilfe braucht. Freund*innen oder Familie hat sie nicht. An Beratungsstellen, den Kinderarzt und andere Fachkräfte wendet sie sich ungern. Sie hat damit bisher nur schlechte

Erfahrungen gemacht, da sie häufig nur hört, was sie alles falsch macht und dass sie „ihr Leben nicht auf die Reihe bekommt“. Das fühlt sich furchtbar an und schürt die Angst, dass man ihr irgendwann einmal die Kinder wegnimmt, weil sie doch nie etwas richtig macht.

Mit den Erzieher*innen aus der Kita und den Lehrer*innen aus Michelles Schule versteht sie sich auch nicht. Sie redet nicht gern mit ihnen, sondern schiebt die Kinder nur schnell zur Tür hinein. Weil das alles so stressig ist, wird Nicole zu Hause manchmal wütend und sehr laut. Die Stimmung in der Familie ist ständig angespannt. Für Vorlesen und Brettspiele fehlen ihr Zeit und Geduld, zudem weiß sie nicht, wofür das gut sein soll. Für Ausflüge fehlt das Geld. Das macht sie noch wütender.

Eines Tages ist Nicole mit ihren Kindern auf einem Spielplatz, als eine nette Frau sie anspricht: „Sie haben aber tolle Kinder, die spielen so wunderbar zusammen! Sind alle drei ihre?“ Als Nicole bejaht, bekommt sie von der netten Dame, die sich als eine Sozialarbeiterin der ELTERN-AG vorstellt, eine Blume überreicht, an der ein Zettelchen hängt, auf dem steht: „Eltern haben Blumen verdient“. Dazu erhält sie eine Einladung zu einem Elterntreffen. Die Frau meint, Nicole würde in der Gruppe aufgrund ihrer drei Kinder als Expertin gebraucht, um anderen Eltern Tipps und Tricks für die Kindererziehung zu geben und vielleicht sogar selbst welche zu bekommen. Außerdem verspricht sie eine Menge Spaß, kostenlose Kinderbetreuung und Kaffee.

Gleich nach diesem Gespräch geht es Nicole besser. So selten sagt jemand etwas Nettes zu ihr und ihren Kindern! Das tut gut. Und alle Eltern hören doch gern, dass ihre Kinder toll sind! Weil das erste Gespräch mit der Sozialarbeiterin so nett war und sie sogar noch zweimal per WhatsApp sehr freundlich von ihr an den Termin erinnert wurde, geht Nicole tatsächlich zum ersten Treffen.

Sie lernt dort zehn andere Mütter und Väter in ähnlichen Lebenssituationen kennen. Die meisten sind auch alleinerziehend und aktuell ohne Arbeit. Auch Mütter mit Migrationshintergrund sind dabei. Im nächsten halben Jahr trifft sich Nicole 20 Mal für jeweils zwei Stunden in dieser Runde, die Sozialarbeiterin und eine sehr nette Kollegin moderieren die Treffen. Die Eltern sprechen darüber, wie man Kinder gesund ernähren kann, wie wichtig Bewegung und regelmäßige Arztbesuche sind und wie Gespräche mit Erzieher*innen und Lehrer*innen besser ablaufen. In einigen Treffen wurde außerdem über Geld und Schuldnerberatung gesprochen. Aber auch Erziehungsregeln, die den Alltag mit Kindern erleichtern, wie richtig Grenzen setzen und konsequent bleiben und wie eine gewaltfreie Erziehung funktioniert, werden thematisiert. Es ist toll, dass es nur um Themen geht, die die Eltern aktuell bewegen. Nicole interessiert sich vor allem für die Vermeidung von Stress und den Umgang mit Wut und großer Anspannung.

Die Tipps und Erfahrungen anderer Eltern kann Nicole viel besser annehmen, als von den Pädagog*innen. Die anderen Mütter und Väter wissen einfach, wie es ihr geht, da sie sich in ähnlichen Situationen befinden. Nach einem halben Jahr hat sich das Leben von Nicole verändert. Sie hat Freundinnen gefunden, mit denen sie sich regelmäßig trifft und bei denen sie nun auch ab und zu die Kinder lassen kann, wenn sie zu Elternversammlungen oder zum Zahnarzt geht.

Sie versteht das Verhalten ihrer Kinder besser und ist im Umgang mit ihnen viel gelassener geworden. Das ganze Familienleben ist entspannter. Zu Hause wird mehr gelacht und gemeinsam unternommen. Ein Schuldnerberater hat mit ihr einen Haushaltsplan erarbeitet und sie schreibt aktuell Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz als Erzieherin.

Durch die Erfahrung in der ELTERN-AG glaubt sie nun daran, dass sie es schaffen kann. Auch den Kindern geht es besser. Die Kleinen sind ausgeglichener und können sich länger konzentrieren. Nicole hat mit Michelles Lehrerin gesprochen, die ihr geraten hat, mit ihrer Tochter zu einem Optiker zu gehen. Michelle hat nun eine Brille und kann dem Unterricht viel besser folgen.

Nicole weiß nun, dass es vielen Eltern so geht wie ihr und dass sie nicht allein ist. Sie hat außerdem erfahren, wo sie sich Hilfe holen kann und traut sich auch, diese Angebote in Anspruch zu nehmen. Vor allem ist sie sich nun aber sicher, doch eine gute Mutter zu sein.

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